Page 3 - Gemeindebrief 2024/02
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Angedacht
Könnte man meinen, dem Armen kann es ist weggegangen. Sie kannte Paulus wohl
doch egal sein, wenn es ihm besser geht. nicht. Paulus schreibt weiter als wollte er’s
Das Ergebnis zählt! Sehr kurzsichtig ge‐ auf die Spitze treiben: „4 Die Liebe ist
dacht, mag das so sein. Was ist nun der langmütig und freundlich, die Liebe eifert
Unterschied und was sind die Konsequen‐ nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie
zen? Die Kommunisten von der Oktoberre‐ bläht sich nicht auf, 5 sie verhält sich nicht
volution bis in die DDR‐Zeit und darüber ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt
hinaus, hatten den Armen im Blick und sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse
wollten Gerechtigkeit für ihn. Aber die nicht zu, 6 sie freut sich nicht über die Un‐
Triebkraft ihres Tuns war eine Ideologie und gerechtigkeit, sie freut sich aber an der
nicht die Liebe. Und so kam es zu einer ge‐ Wahrheit; 7 sie erträgt alles, sie glaubt alles,
waltigen Unterdrückung von Menschen sie hofft alles, sie duldet alles.“ Da mutet
und furchtbaren Massenmorden… um der er uns Unglaubliches zu. Ich bin doch nicht
Gerechtigkeit willen. Die Liebe, von der blöd und glaube alles! Aber das will ich
Paulus redet, ist ein strenger Filter, der un‐ schon hören, da fängt’s an, mit der Liebe:
terscheiden und erkennen hilft, was ge‐ Dem Nächsten nichts unterstellen. Auch
schieht. Menschen waren und sind in der schwer, manchmal sehr schwer, könnte ich
Gemeinschaft, in der sie leben, immer öfter auch sagen: IST DOCH WAHR! Und da
davon bedroht, Ideologien auf den Leim zu haben wir es wieder, DIE SCHUBLADE.
gehen, oder gar selbst um der Sache willen Widerstehen wir der Versuchung den
zu Ideologen zu werden. Ich bin mir sicher, Nächsten in eine Schublade zu packen – ein
dass bei allen Bemühungen um die Bewäl‐ bisschen wie Liebe wäre das auch!
tigung der großen Aufgaben unserer Zeit,
die IDEOLOGEN aller Farben die große Ge‐ Herzlich Martin Groß, Pfarrer
fahr sind. Ich will euch ein harmloses Bei‐
spiel von dem, wovon ich rede, geben. Als
ich im Knast arbeitete, fragte mich eine
Reporterin in einem Gespräch, was ich
gegen die „RECHTEN“ tun würde. Ich ant‐
wortet ihr, ich möchte ihr gerne sagen, was
ich FÜR sie tun würde. Da hat sie mich en‐
tgeistert angeschaut, sich umgedreht und
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